
Die Dreier-Regel
Wenn ein internationaler Staatsmann ausgehebelt werden soll, weil er unliebsam geworden ist, kann man sicher sein, dass in den hiesigen Zeitungen plötzlich folgende drei Dinge über ihn zu lesen sind: er sei ein „ Tyrann“, er sei „Hitler“ und er sei, weil das ja noch nicht genug ist, „völlig verrückt geworden“. Diese Zuschreibung kann oft sehr schnell gehen. Von einem Tag auf den anderen wird der Tyrann plötzlich als Tyrann entdeckt, wo er bislang für uns doch nicht viel mehr war als, na ja, kein lupenreiner Demokrat. Das war bei Sadam Hussein so, bei Gadaffi, bei… -wie hieß der Typ noch, richtig: bei Assad WAR es auch schon so weit, hat man aber wieder abgeblasen, weil keiner rechte Lust aufs einmarschieren hatte, nicht mal die Amis, ansonsten immer eine sichere Bank… deshalb gibt’s den jetzt immer noch.Aktuell ist grade Vladimir Putin an der Reihe. Der Zungenschlag, den unsere Leitmedien wie in allen vorangegangenen Fällen befließen aufgreifen, wird stets von der „echten Politik“ vorgegeben: in diesem Fall von Hillary Clinton für den „Hitler“ („wie Hitler einmarschiert“) während die sonst so moderate Angela Merkel die Irrenthese stark macht („Putin ist in einer anderen Welt“). Verschiedene Politiker und institutionelle VIPs sekundierten, so Ralf Fücks, Vorsitzender der Grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung, mit dem Weckruf: “Europa wach auf!-Putin ist verrückt geworden!”
Das “sogenannte Referendum”
Nun gabs dieses Wochenende auf der Krim ein Referendum, das Angela Merkel als „sogenanntes Referendum“ bezeichnet hat, von dem sämtlichen hiesige Zeitungen und alle westlichen Politiker, schon bevor es überhaupt durchgeführt wurde, gesagt haben, es sei „illegal“, „illegitim“ bzw. “auf den Spitzen der Bajonette zustande gekommen“- so als habe sich die militärische Ausrüstung der Russen seit dem ersten Weltkrieg nicht mehr verändert.Interessant wäre, was die hiesigen Gazetten gesagt hätten, wenn sich die Krimbewohner überraschender Weise FÜR den Verbleib in der Ukraine ausgesprochen hätten. Dann hätten die Medien ein echtes Problem bekommen. Aber das Ergebnis war like anybody knows: die Krim wird wieder Teil Russlands.
Das ganze Manipulations- und Gewaltgedöns vorab und hinterher ist und war ein einziges Tischfeuerwerk und ohne eigentliche Bedeutung. Im Grunde bezweifelt nämlich kein westlicher Politiker und Journalist, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Krim, also die fast 60 % Russen dort, unter den neuen Bedingungen eher für den Anschluß der Krim an Russland ist- auch ohne Manipulation, die sicher im inzwischen üblichen minderstelligen Prozent-Rahmen stattgefunden hat.
Entscheidend ist aber etwas anderes, nämlich, dass sich die westlichen Politiker und die hiesigen Medien einig sind, dass die Krimbewohner eigentlich erst gar nicht hätten abstimmen DÜRFEN. Das wäre ja noch schöner, wenn da jeder abstimmen würde, zu welchem Land er gehören will!
Außerdem ist die neue Krimführung, die das Referendum angesetzt hat, „selbsternannt“ wie man im STERN, im SPIEGEL, in der ZEIT , in der TAZ, in der WELT usw. lesen kann. Die WELT beschwörte gestern, am 18.3.„unheimliche Szenen, die sich im Georgssaal des Moskauer Kreml abspielen. Wie bei den Tagungen der KPdSU applaudiert das Publikum immer wieder frenetisch dem Redner, der Wladimir Putin heißt und russischer Präsident ist. In der ersten Reihe sitzen drei Interimsmachthaber der Krim, die gleich an einem Tisch mit Putin den Vertrag über den Anschluss an Russland unterschreiben werden. Alexej Tschaliy, der selbst ernannte Bürgermeister der Krim-Hafenstadt Sewastopol, sieht mit seinem Vollbart und dem schwarzen Pullover wie ein Provinzlehrer aus, der sich im Kreml verlaufen hat. Der Premierminister der Krim, Sergej Aksjonow, lächelt euphorisch. Der Sprecher des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, plaudert mit dem russischen Premierminister Dmitri Medwedjew.“
Potztausend: der Redner HEIßT also Vladimir Putin und IST russischer Präsident! Der Interimsmachthaber und “selbst ernannte Bürgermeister” trägt einen schwarzen Pullover. Da kann einen als WELT-Korrspondentin ein Schauder überkommen! Offenbar sind alle Zuhörer in einem somnambulen, hypnotisierten, ferngesteuertem Zustand, denn sie applaudieren „frenetisch“ wie hierzulande allenfalls das Publikum bei „Schlag den Raab!“