Plak-Art
Unser Dorf soll schöner werden. Hieß es früher und war ein Appell an die Blumenfreunde, Farbtupfer ins graue Wohnen zu bringen. In Frankfurt sind aber weniger die Balkon-Geranien gefragt als Farbe, stattdessen gibt es ja neuerdings die bunten Plakate all überall. Auf denen lächeln mich einige der Damen und Herren freundlich an – warum weiß ich allerdings nicht. Andere dagegen tragen die Bürde ihrer Würde mit seriösem Blick vor sich her. Die Damen nach dem Besuch beim Friseur.
Auf anderen Plakaten dominiert dagegen die Farbe. Nach Rot und Gelb und wasweißich für die Union hat nun auch die Farbe Blau eine neue politische Heimat gefunden – und zwar gleich doppelt für die Antiparteienpartei Freie Wähler und für die Antipasti-Partei der “Piraten” (ist diese Berufsbezeichnung eigentlich noch zulässig?).
Beim genaueren Hinsehen lassen sich sogar leichte Unterschiede erkennen – auch wenn sich alles hauptsächlich um die neu entdeckte Zielgruppe „Bürger“ und in der Version für Migranten als „Mitbürger“dreht.
Ansonsten geht der Trend zum Einwortplakattitel: „Wohnungen“, meint die SPD – nur was meint sie damit eigentlich? Wie wär´s da mit einem Plakat „Essen und Trinken“ (gleich zwei Zielgruppen) oder ist das zu ausdrucksstark? Die FDP will nichts verkehrt machen und plakatiert an den belebtesten Straßen „fließender Verkehr – kein Dauerstau“. Also wieder zurück zur guten alten Straßenbahn oder zu den Zeiten der ersten Ölkrise? Daneben finde ich ein Plakat außer Konkurrenz von HR 3, das mir mehr zusagt: „Herrlich, alle halbe Stunde Verkehr.“ Besonders mutig gehen die Flughafen-Ausbaugegner vor. Sie schaffen, dass auf einem normal großen Plakat nicht nur sechs Kandidaten abgebildet werden, sondern auch noch ihre zehn Gründe gegen den Bau. Wer die richtige Lupe dabei hat, kann sich hier sogar ausnahmsweise mal informieren. Humor ist allerdings einheitlich verpönt. Die Grünen sorgen per Versalien , dass sich ihr jüngster Spruch auf zweierlei Art interpretieren lässt : „Im Grünen Leben“ – gedachte Ergänzung: “geht manches daneben”. Oder aber „im Grünen Leben – Ergänzung: “ist besser als im roten Leben sterben”.
Bliebe noch die Union: Der Stadtkämmerer zum Beispiel schreibt plakativ „Wirtschaft ohne Wachstum ? Was soll man daraus schliessen: dass es zu wenig oder zu viel Wachstum gibt? Die Union zumindest verzeichnet ja seit einiger Zeit eher Minus-Wachstum. Vielleicht liegt es an der zu kleinen Plakatgesamtfläche (unter zehn Hektar). Oder ist die Plak-Art noch nicht bis zu den Konservativen durchgedrungen?